Achter Stolperstein: Faschisten aus dem Westen. Deshalb MfS und AfNS!

Die DDR-Gewaltigen verstanden die DDR als antifaschistischen Hort, der mit dem Faschismus gründlich aufgeräumt hatte und dessen Wiederkommen keine Chance geben würde. Die wichtigsten Machtsäulen waren dabei das gefürchtete Ministerium für Staatssicherheit (MfS), welches am 17. November 1989 in Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umdekoriert wurde.

MfS/AfNS waren Schild und Schwert der staatsterroristischen Partei SED. Die DDR war in diesem Sinne faktisch so etwas wie eine von terroristischen Extremisten usurpierte Staatsmacht. Brauchen Terroristen die Straßengewalt, geheime Flugblatt- und Mordaktionen um an die Macht zu gelangen, so beherrschen sie im Erfolgsfall später die Straße ausschließlich in ihrem Sinne und bestimmen, wer da drauf darf.

 

 

1989 entrangen wir diesen Staatsterroristen zuerst das Demonstrationsrecht. Wir werden es auch als erstes wieder verlieren, falls es Links- oder Rechtsradikale jemals wieder an die Hebel der Macht schaffen werden. Hütet das Demonstrationsrecht! Es ist universal und nicht Herrschaftsinstrument einer politischen Richtung.

 

 

Die SED und ihre Geisteskinder nutzen seit Stalin den Faschismusbegriff in Bezug auf den Nationalsozialismus. Einerseits geht es um das Reinwaschen des Wörtchens Sozialismus, andererseits soll dies die Mehrheitssozialdemokratie der Weimarer Republik und deren politische Nachfahren in der SPD unserer Zeit treffen. SPD gleich Demokratie gleich Herrschaft des Kapitals gleich Faschismus. Komplizierter läuft das bis heute nicht.

Die Sozialdemokraten als letzte Hüter der Weimarer Demokratie waren in dieser Lesart angeblich Sozialfaschisten, die Bonner Ultras und die mit ihnen parlamentarisch arbeitenden Sozialdemokraten waren Faschisten, die 53er Freiheitsdemonstranten waren Faschisten, die 56er in Ungarn und Polen waren Faschisten, die Mauer war ein Antifa-Schutzwall, der Prager Frühling war ein faschistischer Umsturzversuch, die Solidarnost war eine faschistische Organisation, die 89er im Ostblock waren Faschisten, der Maidan war faschistisch, alles was gegen Putin ist, ist faschistisch. Die zweite Phase der DDR-weiten Demonstrationen 1989/90 war faschistisch, weil sie für die Wiedervereinigung eintrat, die Volkskammerwahl 1990 war mit ihrem klaren Ergebnis für die Einheit ebenso faschistisch.

Für Kommunisten ist die Demokratie eine faschistische Veranstaltung. Sie sind wie Nationalsozialisten gleichermaßen Todfeinde der Demokratie.

 

 

Wer sich unreflektiert oder bequemerweise des Faschismusbegriffs bedient ist schon das erste Stockholmsyndromopfer der Kommunisten. Die sind viel stärker in die Hirne eingedrungen als wir selbst es uns wahrmachen. Man denke sogar an linke Sozialdemokraten, die statt des für Deutschland und seine Geschichte zutreffenden Nationalsozialismusbegriffes selbst den auch die SPD diffamierenden Faschismusbegriff verwenden. Nicht achtend, dass viele ihrer sozialdemokratischen Vorfahren mit dem Vorwurf Sozialfaschisten in die kommunistischen Lager kamen. Auch der Vorwurf des Sozialdemokratismus späterer Jahre fällt unter diese Logik.

Die SED wollte ihre Bürger vor dem Faschismus der Bundesrepublik schützen und baute deshalb den Antifaschistischen Schutzwall, den die eigene Bevölkerung nicht überwinden konnte. Darauf stand die Todesstrafe. Faktisch befand sich die DDR-Bevölkerung bis 1989 in Schutzhaft von SED und MfS. Genau diese Schutzhaft für die eingesperrte Bevölkerung stand jetzt unabwendbar vor dem Stoß in den Orkus der Geschichte.

 

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Ein klarer Fall für die Spitzenschüler des KGB: das MfS und seine Gläubigen. Die faschistische Gefahr drohte fortan hell wetterleuchtend am DDR-Abendhimmel. Plötzlich erschienen die Meldungen über faschistische Aktionen und Gefahren beinahe im Tagestakt. Die faschistische Gefahr wurde mit Händen greifbar inszeniert, die bekannte sozialistische Lösung lag auf dem medialen Tablett: Die Notwendigkeit eines erneuerten MfS als Amt für Nationale Sicherheit (AfNS)! Modrow scheiterte bereits nach knapp vier Wochen mit seinem AfNS und thematisierte stattdessen das freundlichere Wort Verfassungsschutz. Natürlich mit den bewährten Zersetzern des MfS/AfNS bestückt. Diese Zielsetzung brauchte selbstverständlich viel ideologische Nahrung. Ein großer Teil dieser Nahrung kam aus der überall gewitterten Faschismusgefahr. Für uns Zeitgenossen war das Bild eindeutig.

Einer besonderen Häufung faschistischer Umtrieb gab es dann in der weihnachtlichen Demonstrationsruhepause 1989/90 (sic!). Eine Pause, wie geschaffen für die Dramaturgen von SED/MfS/AfNS und zukünftigem Verfassungsschutz:

Die Schändung des Sowjetischen Ehrenmales im Plänterwald am 28. Dezember 1989 schien wie nach Stasidrehbuch über uns zu kommen. Die Faschismuskampagne der letzten Wochen lief auf einen klassischen Höhepunkt zu. Das was kommen würde, ahnten wir. Welche Geheimpolizeisuppe wir konkret vorgesetzt bekommen würden, wussten wir nicht. Klar war nur der Wille der SED, die Angst der Bevölkerung vor dem was die Kommunisten unter (westdeutschem) Faschismus verstanden, zu schüren und die sowjetische Besatzungsmacht, die für die SED die bisherige Schutzmachtmacht schlechthin war, aufzurütteln. Seit Wochen ahnten wir, dass Gorbatschows Position in Moskau und in der Westgruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland/DDR zunehmend schwieriger wurde. Der wochenlange Wink mit dem faschistischem Zaunpfahl war ein letzter großer Hoffungsschimmer der DDR-Nomenklatura, Gorbatschow gegen die (faschistische) Einheit einzustimmen. Zum Glück war die beginnende Männerfreundschaft Kohl-Gorbatschow stärker und zum außerordentlichen Glück verzichtete Georg Bush auf jedwede Triumphiererei von jenseits des Atlantiks.

War die Schändung des Sowjetischen Ehrenmals im Treptower Park schon eine sehr eigenartige Sache, weil die Demonstranten der Friedlichen Revolution sämtlich darauf achteten, die Sowjetunion freundlich gesonnen zu halten und die Aktion nur aus der Geheimpolizeitrickkiste kommen konnte (25 Jahre später schossen auf dem Maidan in Kiew auch Geheimdienstleute in die Menge und Putin schob das den Demonstranten in die Schuhe), so unheimlich kommunistisch-sektiererisch lief die »Fackelorgie unter Leitung der ganz neuen Sozialisten« (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13496938.html) ab.

Folgsam wie eh und je stand auch Lothar de Maiziere neben dem antifaschistischem Klassenkämpfer Gysi, seinem Rechtsanwaltsbüronachbarn und verhalf den alten Kameraden auf diese Weise zu scheinbarer Glaubwürdigkeit in Sachen beste Hüter des Antifaschistischen Mythos der DDR.

Die Bevölkerung war aber nicht blöd, kannte die Kampagnemechanismen, sah diese manchmal auch voraus und lachte darüber. Ausgelacht werden schmerzt Diktatoren besonders, entwaffnet diese sozusagen:

 

Die Plänterwaldorgie gegen den (westdeutschen) Faschismus war kein peinlicher Einzelfall. DDR-weit wurde der Gassenhauer von drohenden Faschismus und Revanchismus gesungen. Hier das Beispiel vom 7. Januar in Neubrandenburg:

 

 

Genützt hatte dies den alten Kameraden nichts. Der DDR-Ministerrat beschloss am 13. Januar 1990 den Verzicht auf ein MfS im Kleide eines Verfassungsschutzes.

 

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