Amerika bildet mit all seinen Widersprüchen über Fortschritt und Progression, Krieg und Frieden, Wirtschaft und Leben einen Gegenstand von Faszination und Empathie nicht nur für den, der dieses Land besuchte oder der dort gelebt hat. Besonders als bildenden Künstler provozierte mich dieses Land durch seine Dimensionen und sein riesiges Spektrum an kulturell vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten und Eindrücken. Meine Betroffenheit, Wahrnehmung und Auseinandersetzung mündete in künstlerische Ansichten von und über Amerika.
Ich hatte schon in den 80ziger Jahren mehrere Jahre auf Einladung der USA-Künstler Edward und Nancy Reddin/Kienholz in Amerika gelebt, gearbeitet und ausgestellt.
Während des Arbeitsaufenthalts 1990/1991 mit meiner Familie in Los Angeles entstanden eine Reihe von Objekt-Reliefs, die sich mit dem Mythos "Christoph Columbus" auseinandersetzten, dem ich als Künstler das Bild meiner "Entdeckungen" Amerikas gegenüberstellte: Extraktionen kulturell-trivialer Erscheinungen der gesellschaftlichen Eigenarten und popkulturellen Eindrücke, ebenso wie geschichtliche Aspekte der indianischen Ureinwohner.
Eine Art journalistisch-künstlerische Betrachtung über die Phänomene Amerikas; im Spiegel der Vorstellungen und Klischees eines Künstlers, der in den 50er Jahren durch amerikanische Spielfilme und Western ästhetisch-moralisch sozialisiert wurde und in L.A. versuchte, dem Mythos und der Realität zu folgen, um diese zu thematisieren und entmystifizieren.
Durch den ersten Irakkrieg "Desert Storm" wurde der Arbeitsaufenthalt überschattet und jäh abgebrochen!
Dennoch sind in dieser Zeit, in einer Garage am "Venice beach", ca. 22 Objektreliefs und viele Zeichnungen entstanden, die sich mit den kulturellen Identitätselementen des damaligen und heutigen Amerikas auseinandersetzen. Einen Themenschwerpunkt bildet dabei die Beschäftigung mit den nordamerikanischen Indianern. Über poetische Interpretationen versuchte ich mir ein "Bild" über den Umgang, die Kultur und die mangelnde Anwesenheit dieser Volksgruppe zu machen.
Seit 2005 habe ich die Themen und Inhalte der entstandenen Objektbilder neu aufgegriffen. In einer Serie von Fotos und Radierungen wurden die Motive der Reliefs umgearbeitet, aktualisiert, neu interpretiert und durch ironische Aspekte erweiternd ausformuliert.
Die dadurch gewonnene bildhafte Neuinterpretation unterstützt die Intention einer (Neu-) Entdeckung Amerikas, deren Assoziationsgehalt im Betrachter Wirklichkeit und Mythos dieses Landes in eine andere Blickrichtungen lenkt.
Michael Schulze 2006