Mit ein wenig Ironie lassen sich die beiden Iablis-Jahrzehnte als die hohe Zeit der Kulturwissenschaften bezeichnen, die, gemäß bürokratischen Vorgaben, nach der Jahrtausendwende das Erbe der Geisteswissenschaften antreten durften. Manche Fachvertreter sahen darin nur die politisch verfügte Umetikettierung einer deutschen Wissenschaftstradition auf dem Altar europäischen Vereinheitlichungswahns, andere die fällige Konsequenz einer tiefgreifenden Neuorientierung des geisteswissenschaftlichen Fächerspektrums an medialen und diskurstheoretischen Fragestellungen seit den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Eine dritte, hyperkritisch eingestellte Fraktion schließlich, deren Stimme in der Öffentlichkeit mehr und mehr Gewicht zu bekommen scheint, will darin das Abgleiten ganzer Wissenschaftszweige in nihilistische und neo-neomarxistische Theoriemodelle erkennen, der dem Absturz der westlichen Gesellschaften in institutionalisierte Freund-Feind-Verhältnisse und eine sie begleitende Sprachlosigkeit zwischen den Parteien präludiert.
Wenn Iablis, wie seine Herausgeber meinen, in diesem Prozess eine eigene Stimme besitzt, dann die eines aufmerksamen Begleiters. Seine Beiträge, sorgfältig ausgesucht, beschäftigen sich in der Regel mit Fragestellungen von disziplinübergreifender Bedeutung und versuchen dem durch die Form der Darstellung Rechnung zu tragen. Deutlich gemacht wird das durch die Wahl der Jahresthemen, deren Spektrum wohl nicht ganz zufällig den aktuellen öffentlichen Fragenkreis dominiert, wenn man von den späteren Pandemie-Ereignissen und den durch sie ausgelösten Debatten um die Zukunft der – vorwiegend westlichen – Staatenwelt einmal absieht. Politisch gesehen, deckt Iablis die Zeit zwischen 9/11 und dem Wuhan-Event ab. Das mag, innerwissenschaftlich gesehen, als oberflächliche Periodisierung erscheinen. Es erinnert aber daran, dass die Kulturwissenschaften, wie wir sie erleben, ein Kind der Politik sind und sich der Gestaltung entlang ihrer Parameter weit geöffnet haben. Diese Politik ist, im Rahmen der EU-Staaten, europäisch und atlantisch, insofern sind es wirklich europäische Prozesse (oder Splitter davon), die in diesen Jahrgängen sich zu Wort melden. Mehr war nicht zu erreichen.
Die Herausgeber
Ulrich Schödlbauer
Renate Solbach