Renate Solbach: Der Bogen

 

19

Manche, die doch eine Vorstellung von dem haben,
was zu einem richtigen Menschenleben gehört,
wünschen sich ein Leben unter großen Verhältnissen
als Zeitgenossen großer Begebenheiten.
Gewiß hat das seinen Wert, aber es kann doch nur
der Aberglaube meinen, daß Lebensverhältnisse und
Begebenheiten den Menschen zu etwas machen.
Wer ethisch lebt, weiß, worauf es ankommt: auf das
wesentlich Menschliche, das in allen Verhältnissen zu
finden ist, auf die Energie, womit es erfasst wird, weshalb
man, wenn man richtig lebt, in den unbedeutendsten
Verhältnissen mehr erleben kann, denn als Zeuge und
Partner der merkwürdigsten Begebenheiten.



Kierkegaard