Spätestens nach der Machtübernahme durch die Baath-Partei, 1963, sollte Jaffars Haltung Realität werden. Nun beherrschten nicht mehr Mythen die Stadt, sondern blutige Machtkämpfe und politische Säuberungen. Bagdad stand für: Verfolgung, Folter, Angst und Gier. Der sympathische Dieb, mit dem sich positive Fantasien erträumen ließen, musste Parteidieben weichen. Im Kontext ihres Raubzuges haben sie eine Melange aus nationalistischer, sozialistischer, religiöser und ethnischer Ideologie geschaffen. Somit haben sie sich unterschiedliche Bewegungsräume gewährt. Sie konnten auf die Loyalität ihrer Stämme zurückgreifen, auf die immanenten religiösen Konflikte zwischen den Sunniten und Schiiten, auf den Hass gegen die Juden, die Christen, den Westen und auf die Solidarität der Befreiungsbewegungen und auf die Diktaturen der sogenannten sozialistischen Länder bauen.
Bagdad entsprach schon lange nicht mehr dem Bild einer orientalischen Stadtanlage. Der aggressive Modernisierungsprozess hatte die Stadt in unkoordinierte Fetzen zerlegt. Breit angelegte Straßen und Verkehrsknotenpunkte wurden bestückt mit monumental-heroischen Statuen, um diese Fetzen zusammenzuhalten. Alle staatlichen Organe wurden aus Angst vor Kontrollverlust in Form einer zentralistischen Verwaltung in Bagdad angesiedelt. Darüber hinaus sorgte der Verstädterungsprozess dafür, dass die Stadt breiartig in ihr Umland zerfloss.
Anfang 1980 wollte der Präsident auch bauliche Spuren legen und benötigte dazu einen erfahrenen irakischen Architekten. Dieser saß jedoch im Gefängnis.
Während einer Veranstaltung in Wien war er einem israelischen Kollegen begegnet – daraufhin wurde der Architekt zum Mossad-Agenten deklariert. Für die islamisch-arabische Welt ein bekanntes Phänomen. Wie in einer schlechten Kopie einer Erzählung aus »Tausend und eine Nacht« durfte er auf Befehl des Herrschers das Gefängnis verlassen, um Bagdad zum Paris des »Vorderen Orients« zu machen. Damit dieses Unterfangen realisiert werden konnte, wurden Tausende auf dem Luft- und Landweg nach Bagdad gebracht. Wegen des Krieges mit dem Iran konnte Bagdad nur nachts angeflogen werden, so lag es nahe, dass Amman und Damaskus bevorzugte Destinationen für jene wurden, die nicht direkt nach Bagdad fliegen konnten. Aus Europa und Amerika kommend landete man oft in Amman.