Aufs Warten hat sich auch ihr Gatte verlegt, der auf Draht gezogene Schweiger. Die einzige Unruhe, die ihn beseelt, verdankt sich der Frage, ob es besser sei, zu‑ oder abzuwarten. Als heller Kopf, der er ist, plädiert er fürs Ab‑, als politischer Berater seiner Frau fürs Zuwarten. »Wie kann man nur so zerrissen sein?«, piept sie beim Spaziergang zwischen den Abflussrohren, »ich könnte so nicht leben.« Und sie taucht ihn in einen ihrer schmelzendsten Blicke, so dass er pudelgleich aufspringt und sich schüttelt vor soviel Zuneigung.
Spitzi, wie sie ihn nennt, weiß sich geliebt. Auch ohne das weiß er eine Menge, denn nichts ist ihm wesensfremd.
»Nein, Fini, das siehst du falsch«, belehrt er sie halb kosend, halb dozierend. »Das Dasein der Durchschnittsmaus ist eingespannt zwischen Ab‑ und Zuwarten. Sie ist nur da ganz Maus, wo sie beides darf und beides ganz. Du zum Beispiel hast die Möglichkeit abzuwarten, bis etwas geschieht, und dann zu handeln – zu reagieren, wie deine Kritiker sofort einwenden werden, denn für sie duldet der politische Kampf für eine bessere Mausheit keinen Aufschub. Kampf ist Aktion, nicht Reaktion. Jedenfalls beliebt es ihnen, die Dinge so darzustellen. Währenddessen besteht ihr eigener Kampf aus nicht als Reaktion, aber das steht auf einem anderen Blatt, mit dem sie sich selten beschäftigen. Natürlich kannst du auch, gesetzt, etwas ist passiert, zuwarten, bis sich das eine oder andere daraus ergibt. Dann werfen sie dir zwar Untätigkeit vor, aber besser als das andere ist es allemal. Dem Zuwarter gehört die Welt, denn sie fällt ihm am Ende zu. Dem Abwarter ist sie gleichgültig. Er will bloß verhindern, dass sie sich über ihn hermacht.«
»Dann«, sagt Fini, »will ich weder zu‑ noch abwarten. Ich will gestalten.«
»Das sagst du immer. Ich kann mich noch gut an deinen letzten Gestaltungsschub erinnern. Seitdem wartet alle Welt ab.«
»Da kann sie lange warten«, piept Fini und schnipst mit den Fingern.
Lange Gespräche fallen ihr schwer, solange sie dabei nicht das Sagen hat, und Spitzi ist ein gewiefter Dialektiker.