III  Krieg-Spiel-Unterhaltung – Gottheiten unserer ungezählten Tode

Das 20. Jahrhundert wird das Zeitalter der medialen Aufklärung genannt. Es brachte das Grauen der Kriege pünktlich in die hemisphärischen Wohnzimmer. Todesnachrichten und Schlagzeilen nahmen zu, die Erschütterung der Menschen ab, klärte die Menschen mehr ab als auf.

Kriegsgeschehen als filmische Unterhaltung ist zum tödlichen Spiel avanciert. Die Bilder des Krieges zur Gewohnheitserscheinung geworden. Zwischen Traum und Trauma erleben wir die medial vermarkteten Permanentszenen des kriegerischen Grauens: den Krieg der Sterne & Systeme, der Daten und Ideologien. Sterne sind zu Ideal- und Problemfiguren geworden – der Stern Davids, der Viersternegeneral, der Mercedesstern: Sterne, auf die wir schauen. Spielfiguren zu Gottheiten unserer ungezählten Tode.

Die Flucht in die Heile-Welt der amerikanischen und deutschen Filme ist nur ein Merkmal nicht geleisteter Trauerarbeit und verdrängter Schuld. In den seltensten Fällen entschuldigte sich nach Kriegsende eine Nation oder anerkannte ihre Kriegsschuld. Auch nicht als Jean-Paul Sartre das Moral-Tribunal gegen Amerikas "Kriegsverbrechen" in Vietnam 1966 in Stockholm eröffnete. Das erste Russell-Tribunal, auch unter der Bezeichnung Vietnam War Crimes Tribunal (englisch für »Vietnam-Kriegsverbrechen-Tribunal«) stellte Amerika vor Gericht, klagte es wegen der drei Millionen Kriegsopfer in Vietnam an.

Da die USA am Prozess nicht teilnahmen, kam es zu einer einseitigen Verurteilung. Im Unterschied zu den Nürnberger Prozessen vor dem Internationalen Militärgerichtshof sowie zwölf weiteren sogenannten Nachfolgeprozessen vor einem US-amerikanischen Militärgerichtshof im Justizpalast Nürnberg zwischen dem 20. November 1945 und dem 14. April 1949 gegen führende Repräsentanten des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus.

Das 21. Jahrhundert, mit seinen multifunktionalen IPads, IPhones, bildcomputierenden Medien & computeranimierten Spielen der Gewaltverherrlichung & Brutalität, erweiterte noch einmal die modernen Fetische der sexualisierten Konsum- und agressionsgeladenen Leistungs- u. Ellenbogengesellschaft. Es produziert mehr Kriegsspielzeuge als Schulbücher. In den Arenen seiner Depersonalisierung oder Icherhöhung darf der Konsument Problem- und Idealfigur werden, in Unifomen & Manahäute gekleideter Krieger sein und stolz die Marken- und Erkennungszeichen der Gewaltverherrlichung tragen. Apocalypse Now, Full Metal Jacket ... wurden zynisch zu Anti-Kriegsfilmen hochstilisiert und verherrlichten doch faschistoide Permanentszenen, Macht & Gewalt. Europäische Filme: Spiel mir das Lied vom Tod / Das Wiegenlied vom Totschlag erlangten »Kultstatus«. Das Lexicon gewaltverherrlichender und alltagsfaschistischer FilmKunst, die auffordert politisch-sozial motivierte Brutalität nachzuspielen, muss noch geschrieben werden. Die Grenzen des Zumutbaren überschreiten Snuff-Filme. Nicht selten Reality-Filme oder Kriegsberichterstattungen in Echtzeit, die zur besten Unterhaltungszeit ankündigen: »Wir zeigen das Grauen vor Ort – wir sind live dabei.« Sie setzen die Hemmschwelle des Betrachters herunter, fördern die Bereitschaft, einmal selbst an brutalen Auseinandersetzungen teilzunehmen und mit Gewalt Probleme zu lösen. Die effektivsten Beherrscher der Computerkriegsspiele werden von der Armee rekrutiert und dürfen berufsmäßg den ausschließlich am PC-Rechner ausgelösten Krieg der Knöpfe (Yves Robert 1962) mit Drohnen weiterführen. Die konsumgerechten Kriegsgötter, die Avatare & Gottheiten unserer Spiele & Tode sind mit ihren Usern hemisphärisch vernetzt. Mediale Botschaften, ideologische Zucht & Zensuren, Entmündigung & Brainwashing, Feindbildschulung & Beschneidungskultur.

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