Ulrich Schödlbauer

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Fac ten Chek schwitzt. Er hat schlecht geschlafen, der Schweiß verdankt sich der physischen Verstimmung, die einfach nicht weichen will. Warum sollte sie? Alle leiden an irgendeiner Verstimmung, warum nicht auch er? Es gibt keinen Grund, sich überlegen zu fühlen. Die Phase der Freiwilligkeit, wenn es sie je gab, ist tiefe Vergangenheit. Im Zeichen des Marsches gilt: mitgefangen, mitgehangen. An den Auswirkungen der Maßnahmen lässt sich das gut beobachten. Die Virusgeschichte … mit einem totalitären Wahn im Rücken buchstabiert manches sich leichter.

Fac ten Chek ist grundverstimmt. Er spürt: langsam, ein wachsender Schatten, holt ihn die ferne Vergangenheit ein. Die Tage, da er sich, ganz Beobachter einer Ethnie von Verrückten, seiner innere Unabhängigkeit vergewissert, sind selten geworden. Wer weiß, ob noch einer kommt? Etwas wird kommen. Dieses Gefühl ist etwas-zu-oft beschrieben worden. Es lässt sich nicht zerstreuen (wie die Angst), es widersteht der Aufklärung, es klebt, einem Preisschild gleich, im Nacken fest, es ist zwecklos, es entfernen zu wollen. Ganz klar, es deklariert dich als Sache, es informiert den kommenden Käufer, der dich erlösen wird. Entweder er steht dir bevor oder du bist, wie du bist, Abfall. Vorderhand bist du nichts als die Aussicht, dereinst Sklave zu sein, also Sklave.

Hör zu, Sklave. Hör tief in dich hinein und dann… Was dann? Was solltest du dann? Du solltest … die Wüste beschreiben, den gläsernen, unter dem Schuhwerk des menschlichen Tausendfüßlers knirschenden Sand, das Geklirr der Rüstungen und das scheppernde Krachen, wenn wieder jemand, sei es aus Schwäche oder aus Unachtsamkeit, in sich zusammenfällt, wenig mehr hinterlassend als einen Schandfleck, den eine barmherzige Hand beiseite fegt. Du solltest den Gleichschritt beschreiben, das immergleiche Geschwätz derer, die ihre Lippen noch auseinanderbringen, die ahnende Unfähigkeit zu begreifen, welches Schicksal sie einander bereiten, den absurden Hochmut der Ältesten, die auf den ausgegebenen Parolen in flimmernder Luft dahinschreiten, das Spitzel- und Denunziantenwesen, die Verwahrlosung der Kinder, die unablässigen Rochaden der zwischen Sadismus und Achtlosigkeit schwankenden Ordnungskräfte, denen jede Moral abhanden kam – man munkelt, die dienstlichen Ausfälle häuften sich, die Attestschreiber kämen kaum mit der Arbeit nach; ginge sie ihnen flott von der Hand, dann gerieten sie bald selbst unter Defätismus-Verdacht, gerade die tüchtigsten Kräfte treffe es wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel. Das alles und noch viel mehr, eingesogen von durstigen Augen und Ohren, solltest du beschreiben. Warum gelingt es dir nicht? Was für ein seltsamer Wettlauf zwischen dir und der Müdigkeit, die dich gegen nichts abschirmt außer gegen den Versuch, festzuhalten, was geschieht und in Vergangenheit übergeht, als ginge es direkt in die Verwesung!

Fac ten Chek schreibt: »Man muss zur Wurzel des Übels vorstoßen.«

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