29
Clandestino hatte sich zurückgezogen und las ein Buch.
Das Buch hieß No-La und fesselte ihn. Die Verfasserin gehörte der No-Land-no-Border-Schwesterbruderschaft an, die im Augenblick viel von sich reden machte. Sie hatte beschlossen, den Planeten in ein Tollhaus zu perfidieren und setzte dazu verschiedene Mittel ein. Zum Beispiel aphalangierten sich ihre Aktivisten und Anhänger in zwei Kneifbacken, Flügel genannt, die einander ununterbrochen bis aufs Blut perkutierten.
Zwischendurch gingen sie einen miteinander heben.
Die einen nannten sich »Land-without-Border«, die anderen »My-Border-my-Country«.
Wo es ging, malfixierten ihre Anhänger die Umgebung. Sie fuhren auf Sattelschleppern gegeneinander vor und ließen die Bässe wummern. Sie reckten Plakate empor, auf denen alles auch andersherum einen Sinn bekam – nach dem allseits bekannten Muster:
»Falsch ist richtig, richtig ist falsch.«
»Wer Recht hat, hat Schuld.«
»Unrecht bezahlt sich selbst.«
Mütter mit Kinderwägen stakateten in das Inferno. Die Therapiestunden für die Gören blabberten in weiter Zukunft.
Hinter vorgehaltener Hand flüsterte man, an der Gelenkstelle zwischen den Kneifbacken, dort, wo sie auseinander- und wieder zusammenstreben, sitze Nd’ora, unsere mächtige Nd’ora, und spinne ihr Garn.
Clandestino schloss die Fensterläden seines gemieteten Bungalows.
Die Sommerglut war unerträglich geworden und konterfiktierte Schlagzeilen wie: »Wassersperre für Warmduscher!«
»Wir wollen unser Klima wieder haben!«
»Wer dreht an der Klimaschraube, bis wir ersticken?«
»Die Erdachse bricht – und keiner tut was!«
Welcher Trottel ließ da seine Balkontür offen?
Aus der Tür stolperte Perma-der-Nenz, gefolgt von zwei Agenten der berüchtigten Drumba, Hinkeputzes Geheimpolizei, die ihn vorwärts prügelten, bis er am Geländer stand und die Arme ausbreitete, vermutlich, um sich festzuhalten, doch so, eine Vogelskulptur der alten Inkas, mit erhobenen Armen, schienen ihn die Agenten fixieren zu wollen, denn sie riefen ihm etwas zu und er erstarrte in der Bewegung.